Elterninformation zum Thema Sprachförderung
Sie haben ein Kind, das noch nicht oder nur sehr wenig spricht?

 

Wahrscheinlich machen Sie gerade die Erfahrung, dass Sie Unterhaltungen zumeist allein bestreiten und/oder dass Ihr Kind kaum oder nur wenig auf Ihre Gesprächsangebote reagiert. Jedes Kind ist anders, und so gibt es Kinder, die das Sprechen scheinbar nicht von alleine lernen – sie brauchen unsere Unterstützung. Wie können Sie nun Ihrem Kind dabei helfen, die Wichtigkeit von Sprache als Mittel zum Zweck zu entdecken?

Das Wichtigste zuerst: Sie sind die Expertin/der Experte für Ihr Kind. Niemand kennt Ihr Kind besser. Sie sind die wichtigste Person im Leben Ihres Kindes und verbringen die meiste Zeit mit ihm. Sprechen lernen findet dabei in den vielen, gemeinsam erlebten Situationen des Alltags statt: beim Spielen, Einkaufen, Anziehen, Baden usw. In diesen alltäglichen Situationen und im gemeinsamen Spiel kann Ihr Kind erfahren, dass es nicht nur Spaß, sondern auch Sinn macht, sich mitzuteilen.

 

Gründe, sich mitzuteilen
Beobachten Sie die Kommunikationsversuche Ihres Kindes!

 

Lange bevor Kinder erste Worte sprechen, fangen sie an sich mitzuteilen. Ob es sich bei Blicken, dem sich Ausstrecken nach etwas oder den Lauten, die ein Kind im Umgang mit Ihnen oder mit Gegenständen von sich gibt, um Botschaften handelt, entscheiden Sie! Forschen Sie ganz bewusst nach allen Äußerungen Ihres Kindes, mögen Sie auch noch so zufällig und nicht an Sie gerichtet erscheinen, und geben Sie ihnen Bedeutung.

 

Ein Beispiel:

Ihr Kind streckt sich nach dem Ball aus, den es nicht allein erreichen kann und macht quengelnde Geräusche. Sie suchen seinen Blick und fragen. „Ball? Den Ball willst du haben?“ Denn dies ist die Botschaft, die Sie hinter seinen Äußerungen vermuten: Ihr Kind möchte den Ball haben. Vielleicht gibt Ihr Kind Ihnen jetzt irgendein Signal, das Ihnen zeigt, dass Sie richtig gelegen haben. Das Quengeln wird für einen kurzen Augenblick unterbrochen, ein kurzer Blick oder ein Lächeln Ihres Kindes. Sagen Sie jetzt, während Sie den Ball geben: „Ja, Ball! Hier ist der Ball“.

 

„Guck mal da!“
Stellen Sie geteilte Aufmerksamkeit her!

 

Jede Unterhaltung braucht einen gemeinsamen Aufmerksamkeitsfokus. Das kann ein gemeinsam wahrgenommener Gegenstand oder eine gemeinsame Handlung sein. Bei kleinen Kindern ist geteilte Aufmerksamkeit meist mit einem „pendelnden“ Blickkontakt verbunden, d.h. der Blick wechselt zwischen dem Gesprächspartner und dem Gegenstand der Unterhaltung hin und her. Besonders gut lässt sich dieser pendelnde Blick in Situationen beobachten, in denen Ihr Kind Hilfe benötigt.

In dem Beispiel mit dem Ball würde ein Kind sich den Ball außerhalb seiner Reichweite anschauen, seinen Blick dann auf Sie richten, um Sie dann mit einem Blick auf den Ball, einer Ausstreckbewegung des Armes und einem quengelnden Geräusch um Hilfe zu bitten. Vielen Kindern mit Schwierigkeiten beim Sprechenlernen fällt es schwer, geteilte Aufmerksamkeit herzustellen. Achten Sie im Umgang mit Ihrem Kind darauf, wo es gerade mit seiner Aufmerksamkeit ist, suchen Sie seinen Blick und nutzen Sie alltägliche Gelegenheiten, um geteilte Aufmerksamkeit zu fördern.

 

Ein Beispiel:

Ihr Kind möchte trinken, Sie gießen nur einen kleinen Schluck in seinen Becher und erwarten dann gespannt seinen Blick, der Ihnen signalisiert, dass es mehr möchte. Stellen Sie sicher, dass Sie sich auf Augenhöhe und ziemlich dicht bei Ihrem Kind befinden, um diesen Blick wahrscheinlicher zu machen. Fragen Sie „mehr?“ und gießen Sie den nächsten Schluck ein, während Sie kommentieren „mehr trinken.“

 

„Bring es auf den Punkt!“
Das richtige Wort zur richtigen Zeit!

 

Immer dann, wenn Sie und Ihr Kind die Aufmerksamkeit auf einen gemeinsam wahrgenommenen Gegenstand oder eine gemeinsam wahrgenommene Situation gerichtet haben, ist die Aufnahmefähigkeit Ihres Kindes für neue Wörter besonders groß. Weil Kinder anfangs geteilte Aufmerksamkeit nur für Sekunden aufrechterhalten können, sollte das sprachliche Angebot entsprechend angepasst sein. Weniger ist also mehr! Wählen Sie ein Wort, das den Sachverhalt treffend beschreibt und sagen Sie es nach Möglichkeit genau in dem Moment, in dem Ihr Kind optimal aufmerksam ist, Machen Sie sich und Ihre Sprache für ihr Kind interessanter, indem Sie die Schlüsselwörter stärker betonen und mit der Sprachmelodie übertreiben.

Ein Beispiel: Ihr Kind beobachtet einen Vogel, gibt dabei einen zischenden Laut von sich und deutet ein Klatschen in die Hände an. Sie greifen die Äußerungen ihres Kindes auf und klatschen ebenfalls in die Hände. Dabei rufen Sie: „VVVoogeI“. Achten Sie genau auf die Reaktion Ihres Kindes: Vielleicht schaut es Sie kurz an und/oder es versucht vielleicht Sie nachzuahmen. Bekräftigen Sie jede Reaktion ihres Kindes, indem Sie wiederholen: „ein VVVoogel“. Bleibt dann die Aufmerksamkeit Ihres Kindes weiterhin auf den Vogel gerichtet, können Sie das Thema erweitern: „ Piiep, piep – der VVVoogel macht piep, piep“.

 

„Du bist dran!“
Lernen sich abzuwechseln

 

In jedem gemeinsamen Spiel und auch in jedem Gespräch muss man sich abwechseln. Einmal ich – einmal du: Diese Regel beherrschen viele Kinder mit Schwierigkeiten beim Sprechen lernen noch nicht. Aber gerade in dem Hin und Her zwischen zwei Partnern liegt der Schlüssel zum Gespräch. Helfen Sie Ihrem Kind dabei, seinen Beitrag zu leisten. Ermutigen Sie das passive oder schüchterne Kind zu einer Antwort, indem sie es erwartungsvoll anschauen, lange genug auf seinen Beitrag warten, vielleicht Hilfestellungen geben und vor allem jede Äußerung – auch Blicke zählen! – als vollwertigen Beitrag werten und Ihrerseits wieder beantworten. Das stürmische Kind mit eigenem Plan kann zu einem Gesprächspartner werden, wenn Sie sich in seine Beschäftigung einmischen und ihren Part einfordern.

 
Ein Beispiel:

Ihr Kind klopft mit dem Löffel auf den Tisch. Sie ahmen es nach und schauen Ihr Kind gespannt an. Vielleicht schaut ihr Kind Sie belustigt oder verwundert an. Sie beantworten diese Reaktion, indem Sie erneut klopfen und dann Ihrem Kind signalisieren, dass es jetzt dran ist. Dazu reicht es bei einigen Kindern, sie erwartungsvoll anzuschauen, anderen hilft die Aufforderung „jetzt du“. Einige Kinder unterstützt man anfangs, indem man ihnen die Hand führt. Bleiben Sie am Ball, solange ihr Kind Spaß hat, und fügen Sie Sprache (z.B. „ boing“) hinzu.

 

Quelle: Forum Logopädie Heft 1, Schulz-Kirchner-Verlag (20) Januar 2006 Seite 20-25 , Autorin: Delia Möller